Allem Anschein nach befindet sich die mehrmals angekündigte, zwischenzeitig in Vergessenheit geratene Fernsehserie um die Stadtwache wieder in der Mache, wenn auch in einem sehr frühen Stadium (siehe
hier und
hier; beim Wikipediaartikel geht es v.a. um die weiterführenden Links). Gesetzt den Fall, dass die zusammengetragenen Informationen auf terrypratchett.co.uk/forum richtig liegen (wovon ich
prima facie ausgehe), weckt das in dem Maße Erwartungen in mir, wie es mich nervös macht. Eine offizielle, ja kanonale Serie nach "Snuff", die auf ggf. noch folgende Romane Einfluss nimmt? Mit Verweis darauf, dass Charaktere sterben könnten? Folgende Möglichkeiten sehe ich:
- Nach der kaum zu leugnenden Enttäuschung durch die letzten Romane findet sich ein ambitionierter Drehbuchschreiber, der an vergangene Tage anknüpft und den entsetzlichen Stillstand, der eingetreten ist, endlich wieder auflöst. Man sollte sich vergegenwärtigen: die Zeitspanne von "Guards! Guards" bis "The Fifth Elephant" umfasst etwa drei Jahre, von da aus bis "Snuff" sind es mit Gewissheit über sechs Jahre (in TFE war Sybil schwanger, in "Snuff" ist der kleine Sam sechs Jahre alt). Die letzten Bücher (und "Snuff" in herausstechender Manier) drehen sich nahezu vollständig um Mumm, Karotte ist fast vollständig in den Hintergrund getreten (aus allerdings verständlichen Gründen), die Beziehung zwischen ihm und Angua bleibt einigermaßen vage, Fred Colon hat das Pensionierungsalter offenbar weit überschritten...
Da könnte ein einstündiges Fernsehformat frischen Wind hereinlassen. Wenn tatsächlich mehrere Staffeln geplant sind und diese aus je dreizehn Folgen bestehen, liegt es sehr wohl im Bereich des Möglichen, dass endlich andere Charaktere mehr ins Rampenlicht treten und sich weiterentwickeln können. Vielleicht sogar mit Ausblick darauf, was aus der Wache nach Mumms Ableben (vorher wird er wohl kaum ruhen) wird - mittlerweile ist ja auch Angua im Rang eines Hauptmanns, es bestehen folglich mehrere Öffnungen in der "Hose der Zeit".
- Die Serie enthält zwar die Scheibenwelt im Namen, spielt sich auch darin ab, berührt aber bestenfalls randläufig die bisherigen Handlungsstränge. Es ist in den Links die Rede davon, dass drei neue Figuren den Zuschauer durch das Geschehen leiten werden. Womöglich sehen wir die bekannten Gesichter nur periodisch, ohne dass persönliche Belange berührt werden, und es wird tatsächlich eine Art "CSI: Ankh-Morpork" mit dem Scheibenweltschauplatz, um neue Zuschauergruppen zu erschließen. Das brächte der geschundenen Seele keine Linderung, wäre aber auf harmlose Weise ärgerlich und daher einfach zu ignorieren.
- Der Holzhammer schlägt endgültig zu und zertrümmert alles, was heilig ist. Jahrelang mühsam akkretionierte Vorstellungen von der Stadtwache gehen den Bach herunter, Charaktere fallen völlig aus der Rolle (am Ende gar so, dass man für fünf Minuten gar nicht realisiert, dass diese Witzfigur im Fernsehen
tatsächlich den geliebten X darstellen soll), werden bis zur Unerkenntlichkeit in die Bedeutungslosigkeit verbannt (konsequente Weiterführung von "Snuff" also) oder müssen gar sterben. Eine schreckliche Vorstellung!
Ich für meinen Teil versuche, verhalten optimistisch zu bleiben, auch wenn ich eine gewisse Nervosität nicht leugnen kann. Mein armes Herz könnte es schwer ertragen, wenn meine liebgewonnenen Freunde aus der Wache Wiedergänger ihrer selbst würden. Ich sehe erhebliches Potential, gleichwohl eine ebenso erhebliche Fallhöhe. Wie sehen das die werten Mitleser?
@NightGoblinFanatic:
Denn dies ist doch auch bei den Scheibenweltromanen geschehen, die deutsche Scheibenwelt war in gewisser Weise anders als das englische original. Dies wird aber nun durch den neuen Übersetzer gestört, die alten gewohnten Dinge werden verfälscht.
Ich habe den Eindruck, dass der Manhattanverlag das ohnehin wieder geradebügeln wird. Gerald Jung und Regina Rawlinson (Übersetzerin des letzten Tiffany-Weh-Romans) übersetzen offenbar wenn nicht alle, so doch sehr viele Werke der Scheibenwelt neu, könnten also auf einer
ex-
post-
facto-Basis den Gesamtstil (zu) ändern (versuchen). Manche Gewohnheiten gehören wohl auf den Prüfstand: es fühlt sich zwar richtig an, dass sich nahezu jede Person mit einer anderen duzt, aber ist das wirklich so wahrscheinlich? Wertete es nicht auch die deutsche Verortung der Scheibenwelt auf, wenn Sachverhalte nicht unterkomplex, geradezu vernakular behandelt werden? Ich stimme Dir aus ganzem Herzen zu, dass Jung derzeit noch als Fremdkörper wirkt, aber wenn er einen Pinselstrich für das Gesamtwerk findet, mag er Brandhorst übertreffen.
Davon abgesehen: dass manche Personen neuerdings aus der Rolle zu fallen scheinen, hängt auch mit den Originalen zusammen. Dass der Patrizier über Kreuzworträtseln die Fassung verliert, lacht, joviale Bemerkungen macht, kurzum in einem Maße menschlich wirkt, dass es die Pathologie seiner Persönlichkeit auszuhebeln droht, liegt in erster Linie in Pratchetts eigener Verantwortung. Da ist es tröstlicher, auf den Sack einzudreschen, wenn man den Esel meint, aber gewiss nicht ehrlicher.